12 Jahre hat es gedauert, bis Star Trek seinen weg zurück ins Fernsehen gefunden hat. Am Montag, den 25. September 2017, wurden um Punkt 9 Uhr Vormittags die ersten beiden Episoden, »Das vulkanische ›Hallo‹ « und »Kampf beim Doppelstern«, von Star Trek Discovery (DSC) auf Netflix veröffentlicht. Somit ist die siebte Star Trek Serie auch in Deutschland, nur wenige Stunden nach dem Start in den USA, zu sehen.
Achtung: Der Inhalt dieses Artikels enthält Spoiler
Die Veröffentlichung der ersten beiden Episoden von Discovery zeigt auf jeden Fall eines: CBS modernisiert das traditionsreiche Star Trek für die aktuelle Serienlandschaft. Dabei werden modernste cineatische Effekte mit bekannten Strukturen aus Star Trek vermischt. Das Ziel dahinter: Man möchte bisherige Star Trek Fans (Trekkies) als auch »normale« Serienbegeisterte erreichen und somit eine möglichst große Zielgruppe ansprechen. Einige Fehltritte und Canon-Konflikte sind für einen dramatischen, actionreichen und humorvollen Serienstart wohl hinzunehmen.
U.S.S. Exposition
Die neue Serie startet in ihrer ersten Episode »Das vulkanische ›Hallo‹ « sehr actiongeladen. Wir erfahren auch direkt, worum es in der ersten Staffel gehen wird. Das klingonische Reich ist in sich zerstritten. Ein besonders charismatischer Klingone T´Kuvma (Chris Obi) möchte das Reich wieder zusammenführen indem er einen externen Feind ausmacht: Die Föderation.
Das Föderationsraumschiff U.S.S. Shenzhou wird wird von einer erfrischend sarkastischen, klar kommunizierenden Captain Philipa Georgiou (Michelle Yeoh) kommandiert. Ganz zu beginn wird Sie von ihrer ersten Offizierin Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) unterstützt, neue, fremde Aliens zu beschützen, indem die Erste Direktive passend ausgelegt wird. Den ein oder anderen mag das ein wenig an Captain Janeway aus Star Trek Voyager erinnern. Michael Burnham scheint im ersten Moment sehr vulkanisch angehaucht. Sie redet viel von Zahlen und Analysen. Ihre Ohren verraten jedoch: Sie ist definitiv keine Vulkanierin. Im weiteren verlauf, werden wir allerdings ein wenig aufgeklärt.
Die Eröffnungsszene ist eine, die man für den Start einer TV Serie eher nicht erwartet, vorausgesetzt es ist nicht Game of Thrones. Kombiniert mit den Spezialeffekten hat es die erste Szene geschafft, uns inmitten der Star Trek Welt eintauchen zu lassen. Das Erscheinen der U.S.S. Shenzhou zur Rettung der beiden wichtigsten Offiziere, untermalt mit Star Trek Themen Musik, schaffte es wahrlich auch, die Trekkies unter den Zuschauern zu erreichen. Das Sternenflottenzeichen, dass der Captain und die erste Offizierin in den Sand geformt haben, setzt hier zwar das »i‑Tüpfelchen« oben drauf, bei längerer Überlegung erschließt sich für diese Handlung allerdings eher kein Sinn für den Inhalt der Folge. Schön jedoch, dass man damit die Fans abgeholt hat.
An Board des Raumschiffes lernen wir den Wissenschaftsoffizier Saru (Doug Jones) kennen, der mit seiner eigenen Meinung eindeutig nicht zurückhaltend ist. Diese ersten Momente auf der Brücke des – für uns neuen – Star Trek Raumschiffes gehören definitiv zu den amüsanten, in dem doch recht seriösen und dunklen setting. Die erste Mission mit uns als Zuschauern ist die Inspektion, einer beschädigten Raumsonde am Rande des Föderationsraumes. Hier lernen wir Wissenschaftsoffizier Saru und die Eigenarten seiner Rasse, den Kelpianern, besser kennen. Dessen Fluchtinstinkt auch bei nur geringer Gefahrenlage sehr stark ausgeprägt ist.
Sag Hallo zu den Klingonen (wenn du klingonisch sprichst)
Die Story nimmt fahrt auf, als Burnham in einen Raumanzug steigt um außerhalb des Schiffes ein unbekanntes Objekt zu inspizieren. Es stellt sich heraus, dass die Klingonen im Föderationsraum sind. Burnham gerät in einen Kampf mit einem sogenannten klingonischen Fackelträger. Diese ganze Szenerie wird von aufwendigen Visual effects untermalt, die bereits an die neuen Star Trek Filme erinnert. In der modernen Serienlandschaft ist dies aber wohl auch ein Kriterium, damit eine TV Produktion erfolgreich ist. Das Zusammentreffen mit dem klingonischen Fackelträger endet jedenfalls nicht positiv – für beide. Bereits hier lässt sich erahnen, dass die erste Staffel von einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Föderation und Klingonen dominiert wird.
Die Außenhülle des klingonischen Schiffs besteht aus Särgen, in dem sich gestorbene Klingonen befinden. Ein interessanter Bestandteil klingonischer Kultur, der auch für jeden Star Trek Fan neu sein wird. Die Föderation hatte seit mehreren Jahrzehnten keinen Kontakt mehr zu den Klingonen, was diese Begegnung deutlich mysteriöser macht. Dieses Detail könnte aber bereits mit dem bisherigen Canon anecken.
Der Auftritt der Klingonen ist zu beginn jedenfalls nicht so actionreich, wie man es von Klingonen annehmen würde. Wo man die letzten Wochen und Monate noch hauptsächlich über das aussehen der Klingonen diskutiert hat, wird man das jetzt wohl auch über deren Stumpfsinn tun. Es wird viel geredet und geschwatzt, etwas was wir aus bisherigen Auftritten eher weniger gewohnt sind. Die politischen Kundgebungen auf dem klingonischen Kriegsschiff waren ungefähr so spannend, wie dem galaktischen Senat bei Debatten über Handelsrichtlinien in den Star Wars Prequels zuzusehen.
Zusätzlich zu dem Inhalt ist es auch eine Schwierigkeit, die Klingonen in ihrer eigenen Sprache sprechen zu lassen. Das mag im Drehbuch auf dem Papier gut aussehen, scheint aber auf lange Sicht nicht zu funktionieren. Zu Beginn mag es sinnvoll sein, Klingonen in einer fremden »Alien« Sprache reden zu lassen. Dass die Schauspieler jedoch nicht verstehen, was Sie da überhaupt sagen, ist schnell zu erkennen. Zudem macht es dass dem Zuschauer auch nicht leichter, den Dialogen zu folgen. Die Masken und Uniformen sollte reichen, um zu erkennen, dass es sich hierbei nicht um Menschen handelt.
T´Kuvma ernennt den Außenseiter Albino Voq als neuen Fackelträger, der das Leuchtfeuer halten soll.
Eskalation
Nach ihrer Rückkehr kontaktiert Michael Burnham ihren vulkanischen Adopitvvater Sarek (hier schließt sich der Kreis vom Anfang) per »Holophone«. Auch das ist neu in Discovery. Wo bisher Videotelefonie genutzt wurde, gibt es jetzt eine Möglichkeit über Holographische Transmitter zu kommunizieren. Sarek (James Frain) informiert sie darüber, dass die Vulkanier nach einem Zwischenfall die Klingonen immer Angreifen, sobald sie sie sehen. Die Vulkanische Begrüßung – woraus sich auch der Episodentitel »Das vulkanische ›Hallo‹ « ableiten lässt. Captain Georgiou lehnt den Vorschlag, das Feuer zu eröffnen, strikt ab, woraufhin Burnham den Vulkanischen Griff nutzt, um den Captain außer Gefecht zu setzen und den Befehl selber geben zu können.
Diese Szene gehört zu den besonders wichtigen und vor allem schauspielerisch starken. Yeoh und Martin-Green spielen außerordentlich gut, wie Burnham bei Georgiou in Ungnade fällt und wie beide Charaktere damit umgehen.
Zeit für ein paar Flashbacks?
Gerade als es spannend wird und eine Flotte von Klingonenschiffen erscheint, beginnt die zweite Episode mit einem Flashback Burnhams sieben Jahre zuvor. Burnham ist mittlerweile in einer Arrestzelle aufgrund von Meuterei eingesperrt. Um die Beziehungen zwischen Burnham, Georgoiou und Sarek zu verstehen, ist dieses und sind weitere Flashbacks elementar.
T´Kuvma und Burnham erhalten viel Bildschirmzeit für Flashbacks um die Zusammenhänge zu verstehen. Für die ersten zwei Folgen vielleicht ein wenig zu viel. Im Falle von Burnham werden zu viele Geschichten zu schnell erzählt. Einige scheinen unwichtig, andere hätten auch in späteren Folgen erzählt werden können. Es scheint, als würden die vielen Flashbacks Zeit in Anspruch nehmen, die an anderen stellen besser aufgehoben wäre.
Krieg – Wozu ist er gut?
Das Kämpfen beginnt in der zweite Episode »Kampf beim Doppelstern« und direkt treffen zwei Welten aufeinander: Die Föderations Philosophie des friedvollen Zusammenlebens und die Kampfeslust der Klingonen. Es wird auch recht schnell klar, dass die Macher der Serie eines unterstreichen möchten: Aktionen haben Konsequenzen. Ensign Connor stirbt bereits in der zweiten Episode. Admiral Anderson (Terry Serpico) und sein Schiff, die U.S.S. Europa, kommen zwar zur Rettung der Shenzhou her geeilt, werden aber direkt von einem klingonischen Schiff gerammt und zerstören sich am ende selbst.
Michael Burnham – immer noch in der Arrestzelle – wird mittlerweile nur noch von Kraftfeldern vor dem Weltraum geschützt. Die Außenhülle der Shenzhou ist weitestgehend nicht mehr erhalten. Sie muss erst den Computer überzeugen, Ethisch zu handeln und das Kraftfeld zu deaktivieren um aus der Arrestzelle entkommen zu können, bevor die Lebenserhaltung versagt.
Und natürlich zeigt sich Star Trek auch wieder von seiner besten Seite. Es ist schon Routine, dass wenn die Verteidigungssysteme ausfallen, die Kreativität der Besatzung gefragt ist. Das Torpedoabschusssystem ist defekt, also lässt sich die Captain etwas neues einfallen. Der Sprengkopf wird an einen klingonischen Leichnam gebeamt, der gerade mithilfe eines Traktorstrahls an Bord von T’Kuvmas Schiff transportiert wird und dort explodiert. Diese Ablenkung bietet die beste Möglichkeit für Georgiou und Burnham auf das feindliche Schiff zu Beamen um T’Kuvma gefangen zu nehmen.
Angekommen auf dem feindlichen Schiff, müssen wir bereits zwei weitere Charaktere verabschieden. T’Kuvma und Captain Georgiou sterben am ende der zweite Folge. Die Episode endet mit einer Gerichtsszene, in der Michael Burnham der Meuterei beschuldigt wird. Ihr wird der Rang aberkannt und eine lebenslängliche Freiheitsstrafe auferlegt. Das ist zwar nicht das ende, das man von der zweiten Folge erwartet hätte, aber definitiv eine spannende Entwicklung der Geschichte.
Ein Pilot, der kein Pilot ist – sondern ein Prequel
Alleine das Ende zeigt, dass es sich nicht um einen einfachen Pilot handelt. Viele Fans, die die Nachrichten verfolgt und Trailer geschaut haben, sind wohl von einer Zerstörung der U.S.S. Shenzhou und dem Verlust zahlreicher Crewmitglieder, inklusive der Captain, ausgegangen. Für Gelegenheitsschauer, die eher einen Pilot wie »Mission Farpoint« oder »Der Fürsorger« erwartet hätten, wäre das wohl ein kleiner »Schock« gewesen. Die dunklere und wenig traditionelle Atmosphäre wurde wohl ganz bewusst so gewählt um eines zu zeigen: Wir produzieren zwar Star Trek, aber es ist ein neues Star Trek.
Der traditionelle Pilot, egal ob Star Trek oder jeder anderen Serie, soll vor allem eines: Er soll die Hauptcharaktere, das Setting und die vorstellen. Dies findet zwar unter anderem auch statt ist aber nicht der Hauptzweck der ersten beiden Folgen. Diese beiden Folgen sind eher ein Prequel Film für die Episoden, die ab nächster Woche starten. Es ist gleichzeitig aber auch unmöglich Star Trek Discovery nur mit diesen beiden Episoden zu bewerten, da hauptsächlich die private Geschichte von Michael Burnham erzählt wurde. Dafür war es tatsächlich sehr wirkungsvoll.